Header-rhw-management

Von zentral zu dezentral: Standorte erfinden sich neu

von | Juni 13, 2017 | Neu, rhw-praxis

Mitten in der größten strukturellen Umwälzung seit ihrem Bestehen befindet sich derzeit die Johannes-Diakonie Mosbach. Aufgrund der neuen Ausrichtung der Behindertenhilfe werden die zwei großen Komplexstandorte der Diakonie in Mosbach und Schwarzach derzeit umgestaltet und verkleinert sowie wohnortnahe, inklusive Wohnangebote für Menschen mit Behinderung geschaffen.

Die Leiterin des Zentralbereichs Hauswirtschaft, Ingrid Führing, berichtet, was dies für die verschiedenen Einrichtungen, die dort lebenden Menschen und auch für die Hauswirtschaft bedeutet.

Auslöser für den Umgestaltungsprozess ist in erster Linie die UN-Behindertenrechtskonvention, die das Leitbild der Inklusion fordert und damit die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung am gesellschaftlichen Leben. Komplexstandorte in der Behindertenhilfe mit meist mehreren hundert Wohn- und Arbeitsplätzen, die außerhalb der Stadt angesiedelt sind, entsprechen nicht dem Leitbild der Inklusion. Vielmehr sollen behinderte Menschen heimatnah und inmitten der Gesellschaft wohnen, leben und arbeiten können.
„Als sie errichtet wurden, hatten Komplexstandorte ganz klar Vorteile, denn die Menschen konnten dort professionell betreut werden bei gleichzeitiger Entlastung der Familien“, erklärt Ingrid Führing. „Heute ist es darüber hinaus wichtig, dass sie in ihrem sozialen Umfeld bleiben.“ Kein Mensch mit Behinderung und auch kein Angehöriger möchte, dass die Betroffenen so weit weg von ihrem Zuhause und ihren sozialen Kontakten leben und arbeiten müssen. Daher setzen sich Träger wie die Johannes-Diakonie das Ziel, dass sie in die Heimatorte der behinderten Menschen gehen, um ihnen eine Rückkehrmöglichkeit zu bieten.

Doppelzimmer darf es nicht mehr geben
Ein zweiter Grund für die Umgestaltung ist die Landesheimbau-Verordnung für Baden-Württemberg (genauer gesagt die Verordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales zur baulichen Gestaltung von Heimen und zur Verbesserung der Wohnqualität in den Heimen Baden-Württembergs (LHeimBauVO) vom September 2009. Hier wurden bauliche Regeln für Behinderteneinrichtungen festgelegt, die relativ schnell mit einer Übergangsfrist von nur zehn Jahren bis Mitte 2019 umgesetzt werden müssen. Dazu gehört beispielsweise, dass es keine Doppelzimmer mehr geben darf. Auch muss für maximal zwei Einzelzimmer jeweils ein Sanitärbereich vorhanden sein. Vorgeschrieben sind außerdem Außenbereiche und Gemeinschaftsflächen. Alles muss zudem barrierefrei sein.

Brandschutz
Ein weiterer Grund, vieles neu zu denken, war laut Ingrid Führing das Thema Brandschutz. „In der Johannes-Diakonie liegen wir mit der Umsetzung der überarbeiteten Gesetze zum Brandschutz bei mehreren Millionen Euro.“ In Brandverhütungsschauen werde – auch aufgrund folgenschwerer Brände in den vergangenen Jahren – penibel darauf geachtet, dass die Brandschutzauflagen erfüllt werden. Alte Gebäude werden aufgrund der hohen Auflagen damit teilweise unwirtschaftlich und auch das motiviert dazu, neu zu bauen.
Neue kleinräumige und dezentrale Wohnangebote werden von der Diakonie derzeit in vielen verschiedenen Stadt- und Landkreisen geplant oder bereits gebaut wie zum Beispiel in Mannheim, Karlsruhe, im Rhein-Neckar-Kreis, im Main-Neckar-Kreis, im Landkreis Heilbronn und den Kreisen Rastatt und Pforzheim. Überwiegend muss komplett neu gebaut werden, da es nicht viel Altbestand gibt, der den Anforderungen entspricht. „Derzeit wird laufend nach neuen Grundstücken gesucht, es gibt Spatenstiche, Einweihungen etc. Es entstehen viele neue Häuser, um die alten Wohnstandorte zu ersetzen“, berichtet Ingrid Führing. In einem Haus wohnen dabei immer nur maximal 24 Bewohner.

Konversionsplan bis 2035
Laut den Vorgaben der Landesheimbau-Verordnung dürften an den beiden Komplexstandorten der Johannes-Diakonie in Mosbach und Schwarzach bis 2019 eigentlich nur jeweils 100 Plätze bleiben. „Das geht natürlich gar nicht, schließlich reden wir hier von bisher insgesamt rund 1.750 stationären Wohnplätzen, der überwiegende Teil davon in Mosbach und Schwarzach“, so die Leiterin der Zentralbereichs Hauswirtschaft. Deshalb wurde zusammen mit der zuständigen Heimaufsicht und in Abstimmung mit dem Sozialministerium ein so genannter Konversionsplan zur Anerkennung gebracht, bei der die geforderten baulichen Anpassungen bis 2035 abgeschlossen werden sollen.

Mehr zum Thema lesen Sie in rhw praxis 2/2017 „Wohnformen und Bauvorschriften in der Hauswirtschaft“.

 

Weitere Beiträge

23. rhw-Hygieneforum 2025 – Jetzt anmelden!

23. rhw-Hygieneforum 2025 – Jetzt anmelden!

Am 22. Oktober 2025 findet das mittlerweile 23. rhw-Hygieneforum erneut als Online-Veranstaltung statt. Moderiert wird es von Robert Baumann, Chefredakteur von rhw management. Die Teilnehmenden erwartet ein spannender Tag voller...

mehr lesen
Neu: Der „rhw-Werkzeugkoffer“

Neu: Der „rhw-Werkzeugkoffer“

Immer wieder wünschen Sie sich, liebe rhw-Leserinnen, Erweiterungen oder die Originaltabellen aus den rhw-Artikeln. Diesem Wunsch kommen wir nun nach mit unserem "rhw-Werkzeugkoffer". Im rhw-Werkzeugkoffer befinden sich...

mehr lesen
Gerät Nachhaltigkeit ins Hintertreffen?

Gerät Nachhaltigkeit ins Hintertreffen?

In den aktuellen Zeiten der Krise (n) hat das Thema Nachhaltigkeit bei uns in der Einrichtung immer wieder das Nachsehen, vor allem wenn es Geld kostet. Die Leute sind oft mir ihren eigenen Problemen beschäftigt. Wie kann man es...

mehr lesen
Meisterinnen der Hauswirtschaft aus Niedersachen

Meisterinnen der Hauswirtschaft aus Niedersachen

Zwei bis drei Jahre lang haben sie gearbeitet, gelernt, organisiert, analysiert – und dabei Beruf, Familie und Fortbildung miteinander in Einklang gebracht. Jetzt halten sie den verdienten Lohn in den Händen. 20 Meisterinnen und...

mehr lesen
Messe Pro Care in Hannover 2026

Messe Pro Care in Hannover 2026

Wenn sich am 10. und 11. Februar 2026 auf dem Messegelände in Hannover wieder alles um die Zukunft der Pflege dreht, steht fest: Die Messe Pro Care ist gekommen, um zu bleiben. Nach der erfolgreichen Premiere im vergangenen Jahr...

mehr lesen
Jobcrafting in der Hauswirtschaft

Jobcrafting in der Hauswirtschaft

In der Hauswirtschaft in sozialen Einrichtungen läuft der Betrieb wie ein Uhrwerk: Essen muss pünktlich serviert, Wäsche hygienisch versorgt und Räume gepflegt sein. Routinen sind fest etabliert. Die Arbeit kann sich monoton...

mehr lesen