Es ist ein riesiger Markt: 1,8 Milliarden Euro – das war der Umsatz für Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland im Jahr 2022. 77 Prozent der Deutschen gaben in einer Studie der Verbraucherzentrale an, regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel zu nehmen. Nährstoffe, Pillen und Pulver: welche Supplemente sind wirklich sinnvoll?
Bei den deutschen Verbrauchern ist der Bestseller bei den Vitaminen Vitamin C, bei den Mineralstoffen ist es Magnesium. Und die Erwartungen an Supplemente sind hoch: 21 Prozent der von der Verbraucherzentrale Befragten glauben, Nahrungsergänzungsmittel seien notwendiger Bestandteil einer gesunden Ernährung. 24 Prozent der Befragten sehen sie sogar als eine Art „natürliches Arzneimittel“. Oft wird fälschlicherweise auch angenommen, dass Supplemente gesundheitsgeprüft oder zugelassen sind. Meistens ist nicht bekannt, dass Nahrungsergänzungsmittel EU-rechtlich als Lebensmittel und nicht als Arzneimittel eingeordnet werden und ohne Zulassungs- oder Prüfverfahren auf den Markt kommen.
Aus Sicht der Verbraucherzentrale hat das Bewusstsein für gesunde Ernährung in der Bevölkerung allgemein zugenommen. Viele Menschen seien subjektiv mit ihrer Ernährung unzufrieden: die Umsetzung der selbst gesetzten Ernährungsziele misslingt im Alltag häufig. Und dann kommen die Nahrungsergänzungsmittel ins Spiel. Sie werden vielfach als praktische Lösung gesehen, um vermeintliche Nährstoffdefizite im Alltag zu vermeiden. Mit dem Kauf wird aber auch die Hoffnung verknüpft, der eigenen Gesundheit etwas Gutes zu tun und im Krankheitsfall Beschwerden zu lindern.
Wie sieht es denn konkret mit der Nährstoffversorgung der Deutschen aus? Die aktuellsten Daten, die es dazu gibt, sind aus der Nationalen Verzehrstudie II, sie sind allerdings schon 15 Jahre alt. Hier zeigte sich, dass die Versorgung mit Mikronährstoffen alles andere als optimal ist. So besteht eine potenziell kritische Versorgungssituation vor allem bei Vitamin D, Vitamin E, Folsäure, Kalzium, Eisen (Frauen) und Jod.
Nährstoffe: Pillen und Pulver sind nicht die erste Wahl
„Abgesehen von Vitamin D lassen sich all diese Mikronährstoffe grundsätzlich problemlos über die normale Ernährung decken. Durch eine gesunde, vollwertige und pflanzenbasierte Ernährung wäre es leicht möglich, die Zufuhr dieser kritischen Mikronährstoffe zu optimieren“, sagt dazu Prof. Dr. Martin Smollich in seinem sehr empfehlenswerten Buch „Der Nährstoff Kompass“ (siehe Buchtipp). Smollich forscht und lehrt am Institut für Ernährungsmedizin der Uniklinik Schleswig-Holstein und beschäftigt sich seit 20 Jahren intensiv mit Nahrungsergänzungsmitteln – im Labor und in Studien an Menschen.
Der erste Schritt, um die Nährstoffversorgung zu verbessern, sollte laut Smollich immer über die normale Ernährung gehen – und nicht über Supplemente. „Falls Sie jetzt denken, zur „Absicherung“ wären vielleicht Multinährstoffpräparate („Multivitamintabletten“) eine gute Idee, dann muss ich Sie leider enttäuschen: Die großen Studien mit mehreren hunderttausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern zeigen immer wieder: Multinährstoffpräparate schützen weder vor Krankheiten, noch verlängern sie das Leben. Eine gezielte, individuelle Supplementation kann dagegen durchaus sinnvoll sein“, so Prof. Smollich.
Das gilt besonders für das Sorgenkind unter den Mikronährstoffen, dem Vitamin D. Bei keinem anderen Vitamin oder Mineralstoff ist die Versorgungslage so schlecht. „Eine ausreichende und erst recht eine optimale Versorgung mit Vitamin D kann praktisch nur über Supplemente sichergestellt werden“, schreibt Prof. Smollich. Aber auch bei Vitamin D gilt: erst testen, dann supplementieren. Optimal ist laut Smollich ein Blutwert von 75 bis 125 Nanomol pro Liter (also 30 bis 50 Nanogramm pro Milliliter).
Alexandra Höß
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Buchtipp
Prof. Dr. rer. nat. Martin Smollich: „Der Nährstoff Kompass – was ist essenziell, was verzichtbar und was gefährlich“, GU Verlag, München 2025. 384 Seiten, 24,99 Euro
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