Prof. Dr. Gerd Naumann, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft, ist Anfang Dezember 2015 im Alter von 65 Jahren verstorben. Die Nachricht von seinem überraschenden Tod hat viele Akteure der Hauswirtschaft schwer getroffen.
Seit September 2013 leitete und vertrat Prof. Dr. Ing. Gerd Naumann die Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft e.V. (dgh) mit ihren Fachausschüssen und Verbänden. Naumann hat bis zu seiner Wahl 2013 ein Vierteljahrhundert lang die Haushaltstechnik in Deutschland geprägt, unter anderem an der Universität Hannover und der Hochschule Osnabrück.
Der Lebensweg von Prof. Naumann war ebenso spannend wie komplex. Nach dem Studium der Elektrotechnik promovierte er über Mikrowellentechnik und -erwärmung. Mitte der 1980er Jahre kamen erstmals aus Asien die ersten Mikrowellengeräte für Küchen auf den deutschen Markt, deren Verkauf einen Boom erleben sollte.
Naumanns Wissen war sehr gefragt, und so arbeitete er bei der Entwicklung von Haushaltsmikrowellen beim Unternehmen Buderus Juno in Herborn mit – er publizierte und meldete Patente an. Bald wurde die Firma Miele auf Naumann aufmerksam und gewann ihn als Bereichsleiter Backöfen und Mikrowellengeräte für das Werk Oelde. Parallel dazu erhielt er den Ruf als Professor nach Hannover an die dortige Universität.
Naumann entschied sich für die Hochschullaufbahn in Hannover. Als er am 30. September 2013 in den Ruhestand getreten ist, hatte er mehr als 25 Jahre Haushaltstechnik hinter sich. Es sei ein von Ingenieuren stark geprägter Bereich und man habe dadurch nicht gerade eine automatische Verbundenheit zur Ökotrophologie, sagte Naumann 2013 im Gespräch mit mir, als ich ihn als neuen Vorsitzenden der dgh für rhw management porträtierte. Dennoch wagte er es, die beiden Disziplinen stärker zu verknüpfen. Naumann übernahm zusätzlich zur Arbeit in Hannover einen Lehrauftrag an der Hochschule Osnabrück und traf dort vor rund 20 Jahren auf die von ihm sehr geschätzte Kollegin Prof. Dr. Alrun Niehage. Wie gut Alrun Niehage vernetzt war und wie stark sie politisch Einfluss nehmen konnte, das hat ihn immer sehr beeindruckt, erzählte er mir.
Und so kam Prof. Naumann schließlich mit der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft in Berührung. Von 1994 bis 1996 sowie von 2009 bis 2011 war er Vorsitzender des Fachausschusses Haushaltstechnik. Wichtige Themen waren in dieser Zeit Energieverbrauch, Effizienz und Energielabel von Haushaltsgeräten. Als nach dem Tod von Prof. Dr. Alrun Niehage im Jahr 2013 der dgh-Vorstand neu gebildet werden muss, stellte sich die Frage: Wie geht es weiter? Gedrängelt habe er sich nicht um das Amt, berichtete er: „Ich hatte schon Respekt davor, was der alte Vorstand um Alrun Niehage und Martina Feulner alles geleistet hat.“
Der Vater von vier erwachsenen Kindern hatte in seiner Zeit als dgh-Vorsitzender durch seine humorvolle Art vor allen Dingen die Mitglieder der dgh zu noch mehr Aktivität ermuntern und die interne Kommunikation verbessern können. Diesen Prozess hätte man gerne noch über viele weitere Jahre verfolgt, was durch seinen frühen Tod nun jäh unterbrochen wurde.
Als ich mich bei Prof. Naumann vor einiger Zeit für einen Fehler entschuldigen wollte, der mir unterlaufen war, sagte Prof. Naumann nur: „Herr Baumann, wissen Sie, bis ich mich über etwas ärgere, muss schon mehr passieren.“ Diesen Satz, der soviel Menschlichkeit und Güte zeigt, habe ich nicht vergessen und werde ihn achtsam in mir tragen.
Denn Menschen leben weiter, wenn man sich ihrer erinnert.
Die tiefe Anteilnahme der dgh und der rhw-Redaktion gilt der Familie, Doris Früh-Naumann, den vier Kindern sowie den Enkelkindern.
Robert Baumann