rhw-management-hauswirtschaft.9/2024

Wohnen im Alter: Wohin geht die Reise?

Wie sieht die Zukunft von stationären Altenhilfeeinrichtungen aus? Hat sich das Hausgemeinschaftskonzept durchgesetzt? Und wie wohnen Menschen mit Demenz am besten? rhw praxis befragte dazu die Aachener Architektin Gudrun Kaiser, eine Expertin für Wohnqualität im Alter.

Würden Sie uns bitte zunächst die aktuellen Entwicklungstendenzen bei stationären Einrichtungen schildern?
Schon seit einigen Jahren gibt es die sozialpolitische Zielsetzung, den ambulanten Sektor zu stärken und eine Vielzahl von verschiedenen Wohnformen zu fördern. Das führt dazu, dass es je nach Bundesland und dortigem Landesheimgesetz eine starke bauliche und personelle Regulierung der stationären Altenhilfe gibt.
In der Folge bieten ehemals rein stationäre Anbieter heute immer häufiger auch eigene ambulante Versorgungsstrukturen und Wohnformen an, gern kombiniert mit Tagespflege und leider oft baulich konzentriert an ein und demselben Standort. Ich sehe aktuell eine Gefahr wieder große Komplexeinrichtungen neu entstehen – eine Versorgungsstruktur, die in der Behindertenhilfe seit Jahren zugunsten dezentraler Standorte wieder abgebaut wird. Natürlich können sich Altenhilfeeinrichtungen gern breiter aufstellen, aber möglichst nicht so, dass man riesige Wohn- und Pflegekomplexe nur für Senioren schafft.

Werden denn überhaupt noch große konventionelle Einrichtungen mit zentralen Strukturen neu gebaut?
Mich wundert es manchmal schon, dass Anbieter auch heute noch immer weiter ihre klassischen Einrichtungen bauen. Ich halte diese eher für Auslaufmodelle. In einigen Bundesländern wurde die Anzahl der Bewohner pro Einrichtung durch die Heimgesetzgebung beschränkt, wie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen. Hier dürfen es maximal 80 Bewohner sein oder in Baden-Württemberg maximal 100 Bewohner. Das halte ich immer noch für zu viel, da dies eine Menge Logistik in der Einrichtung bedingt. Die Transportwege sind länger, es gibt viel Personal und eine Menge Publikumsverkehr, und es gibt doch wieder die Großküche im Untergeschoss und den Mahlzeitentransport in Essenswagen durch Flure und Aufzüge.

Gerade dies wollte man ja nicht mehr!
Ja, und so bleibt es bei einer bewohnerfernen Versorgungsstruktur, auch wenn es vielleicht keine großen Stationen, sondern kleinere Wohnbereiche in den Einrichtungen gibt.
Es ist auffallend, dass sich manche Betreiber aus Bundesländern, die besonders reguliert sind, zurückziehen, während in den weniger regulierten Bundesländern dann oft noch konventionelle Komplexeinrichtungen mit 120 bis 140 Plätzen in großen Wohnbereichen entstehen.

Inwieweit haben sich Hausgemeinschaftskonzepte durchsetzen können?
Hausgemeinschaftskonzepte erfreuen sich bei Bewohnern und Angehörigen großer Beliebtheit. Anfangs waren viele Betreiber skeptisch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und unüblichen Personalorganisation dieser Wohnform. Viele haben sich lange dagegen gesperrt. Andere Betreiber haben das Konzept jedoch auch begeistert übernommen und umgesetzt und darin neue Chancen einer stationären Versorgung gesehen. Es gibt aber auch weiterhin Betreiber guter Wohnbereichskonzepte mit kleinräumigen Gruppenstrukturen. Ich empfinde es als Bereicherung, dass es unterschiedliche stationäre Konzepte gibt.

Also eher die abgespeckten Varianten dieser Betreuungsform?
Grundsätzlich muss man sagen, dass die Hausgemeinschaftsidee immer noch mit Skepsis betrachtet und häufig nur in einer „light“-Variante umgesetzt wird. Gerade das Herzstück der Idee, nämlich die Hauswirtschaft in die Nähe der Bewohner zu bringen und die traditionelle Trennung zwischen Hauswirtschaft, Pflege und Betreuung zu überwinden, ist der Hauptgrund für diese Skepsis. Häufig wird gefürchtet, dass die dezentrale Versorgung in den einzelnen Hausgemeinschaften vor allem hinsichtlich der Mitarbeiterstruktur nicht klappt.

Das ganze Interview lesen Sie in rhw praxis 2/2017.

Buch-Tipp
Gudrun Kaiser: „Bauen für ältere Menschen – Wohnformen, Planung, Gestaltung, Beispiele“, 2014, DIN A4, gebunden, 208 Seiten mit 340 Abbildungen und 34 Tabellen, 69 Euro. ISBN 978-3-481-02972-2.

Foto: Gudrun Kaiser

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