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Über den Wolken: Airline-Catering in Frankfurt

Personalausweiskontrolle, Haarnetz und darüber Astronauten-Haube, Mundschutz bei Bart, Uhren abnehmen und Ampel-Desinfektion: Nur so darf man bei einem der seltenen Besuche die Produktion betreten. Am Frankfurter Flughafen konnte unsere Redaktion (dank guter Kontakte des Fachausschusses Haushaltstechnik der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft) LSG Sky Chefs besuchen.

Im internationalen Betrieb von LSG Sky Chefs am Frankfurter Flughafen werden über 30 Airlines vor allem für Langstreckenflüge mit Essen und Trinken versorgt. Die rund 1.250 Mitarbeiter/innen, davon 100 Köche, produzieren hier ausschließlich im Cook & Chill-Verfahren.

Die meisten Speisen für den Standort Frankfurt jedoch werden im Werk von LSG-Sky Food in Alzey, etwa 50 km von Frankfurt entfernt, im Tiefkühlverfahren produziert. Das sind etwa 30 verschiedene Menüs und insgesamt rund über 180.000 Essen pro Tag! Aus Alzey stammen vor allem tiefgefrorene Fisch-, Fleisch- und Pastagerichte, die zu etwa 90 Prozent für die Fluggäste in der Economy-Class bestimmt sind.

Cook & Freeze plus Cook & Chill-Verfahren

Diese tiefgekühlten Speisen werden dann zum Frankfurter Flughafen geliefert, im Kühlhaus langsam aufgetaut bis auf etwa vier Grad plus, also ähnlich der Temperatur wie beim Cook & Chill-Verfahren, und dann in die Flugzeuge geliefert. Trolleys mit Trockeneis bei vier bis sechs Grad garantieren dabei für bis zu zehn Stunden die richtige Temperatur.
Eine Mitarbeiterin der Supervision aus der Küche übergibt die gefüllten Trolleys mit den Speisen an Bord und informiert die Crew über die Platzierung der Sondermahlzeiten (Special Meals) für Passagiere mit speziellen Essenswünschen. In der First Class werden die Speisen einzeln auf Tellern angerichtet, so kann auf die Wünsche der Gäste besonders gut eingegangen werden.

Wie schmeckt es in der Höhe?

In den Flugzeugen befinden sich die Bordöfen, in denen die Speisen etwa 15 bis 20 Minuten lang erwärmt werden. „Durch den veränderten Luftdruck auf 10.000 Metern Höhe verändert sich das Geschmacksempfinden und diese Veränderungen berücksichtigen wir bereits bei der Menüentwicklung und natürlich auch bei der Zubereitung“, sagt Willi Woidera, von Beruf Küchenmeister und heute Senior Manager Culinary Excellence in Frankfurt.
„Ein Riesling beispielsweise kommt an Bord nicht mehr richtig an, in der Höhe lässt die Säureanmutung nach“, so Woidera, der auch 20 Jahre lang Leiter der Entwicklungsküche war. Er hat 2010 Tests mit dem Frauenhofer-Institut für Bauphysik IBP in Holzkirchen gemacht. Ein Airbus-Flugzeug stand damals in einer großen Niederdruckkammer, so dass der beim Flug übliche niedrige Kabinendruck simuliert werden konnte. Und die Geschmackstests mit 30 Probanden ergaben eindeutig Unterschiede!

Eine Konsequenz: Heute werden für die Speisen mehr Kräuter verwendet, da diese in der Luft besonders aromatisch wahrgenommen werden. Und ja, Tomatensaft schmeckt erwiesenermaßen in 10.000 Höhe viel fruchtiger und süßer als auf der Erde. Immerhin fast zwei Millionen Liter Tomatensaft werden pro Jahr bei Lufthansa-Flügen ausgeschenkt…doch deutlicher beliebter ist Wasser.

Für das Personal an Bord gibt es natürlich ebenfalls Essen zur Auswahl. Die MitarbeiterInnen stehen unter besonderem Druck. Gerade auf Kurzstreckenflügen haben sie kaum richtig Zeit zu essen und auf Langstreckenflügen machen sowohl Schichtarbeit als auch gleichzeitig die Verschiebung von Zeitzonen dem Körper doppelt zu schaffen. „Um ihre Crew-Mitarbeiter zu unterstützen, bietet die Lufthansa spezielle Ernährungstrainings an“, berichtet Diplom-Ökotrophologin Ulrike Gonder, die diese Seminare als Gastreferentin durchführt.

Wie kommt das Geschirr an Bord?

Das Geschirr der Airlines, die Tabletts, die Servietten oder selbst die Salzstreuer werden individuell angefertigt. Die Asiaten mögen ist beispielsweise gerne sehr bunt, andere Fluggesellschaften setzen auf außergewöhnliche Formen, wie einen Salzstreuer in Form eines Golfballs. Denn gerade bei den Speisen versuchen die Airlines sich auch über die Corporate Identity der Teller zu unterscheiden. Für die Entwicklung und die Beschaffung von Geschirr hat die LSG Group mit „Spiriant“ eine eigene Tochterfirma gegründet.

Während die Speisen sehr genau den Passagierzahlen angepasst werden können und zur Not auch noch ein kleines Auto extra losgeschickt wird, um in den letzten Stunden vor Abflug fünf oder zehn weitere Mahlzeiten an Bord zu bringen, ist dies bei der Ausstattung mit Geschirr und Besteck anders. Hier wird je nach Flugzeugtyp komplett nach Sitzplatzkonfiguration das gesamte Geschirr und Besteck angeliefert, egal, wie voll das Flugzeug ist. Denn logistisch wäre es viel aufwendiger, die Stückzahlen des Geschirrs den Passagieren anzupassen und anschließend wieder ins Lager zu sortieren und neu zu zählen.

„Doch selbst wenn man 300 Tabletts ins Flugzeug gibt, heißt es noch lange nicht, dass 300 Tabletts wieder nach der Landung zur Reinigung auftauchen“, weiß Willi Woidera aus Erfahrung. Das können durchaus mal mehr oder mal weniger sein.

Besonders ist darauf zu achten, dass die Transport-Trolleys in ausreichender Zahl am richtigen Ort sind, denn es nützt nichts, wenn zehn Trolleys in Los Angeles zu viel sind, die man in Frankfurt dringend benötigt.

Da die Trolleys nicht preiswert sind, ist es wichtig, diese wertvolle Fracht gut zu verteilen und darauf zu achten, dass sie immer in ausreichender Zahl bereitstehen. Inzwischen wird auch immer stärker daran gearbeitet, die Trolleys leichter zu machen. Es wurden mittlerweile spezielle Lightweight-Trolleys entwickelt, die nur noch zwei Drittel des Ursprungsgewichts haben.

Robert Baumann

www.lsgskychefs.com

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Foto: LSG Sky Chefs

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