Sie heißen Boardinghouse, Mikroapartments oder Apartmenthotels und der Markt verspricht interessante Wachstumsraten: Das Wohnen auf Zeit ist etwa ein Drittel günstiger als im Hotel und dazu noch wohnlicher. Auf Einladung des Hotelkompetenzzentrums diskutierten Betreiber und Architekten über die Besonderheiten des Marktes mit rund 80 Teilnehmern im Oktober 2015 in Oberschleißheim.
Bei Serviced Apartments, dem Wohnen auf Zeit, sind meist kaum öffentliche Hotelflächen wie Lobby oder Restaurants vorhanden und mit Personal zu betreiben. Das ist einer der Gründe, weshalb die Übernachtungspreise etwa 30 Prozent unter denen der Hotellerie liegen. Ein weiterer Unterschied zur Hotellerie? Serviced Apartments sind individuell gestaltet „wie zu Hause“ und schon möbliert. Das kommt aus den USA, wo es selbstverständlich ist, in Häuser zu ziehen mit dem Mobiliar des Vorgängers.
„Wir merken, dass die Bereiche Wohnen und Arbeiten zunehmend verschwimmen! Die Büros sollen wohnlicher sein, bei einigen Startup-Unternehmen gehört eine Rutsche im Office dazu oder eine Lounge. Und auf der anderen Seite gibt es Hotelketten wie 25hours oder Mama Shelter, die das Servicelevel senken, dies aber durch mehr Wohnlichkeit im Interieur ausgleichen“, berichtet Heinrich Böhm, Senior Designer bei JOI-Design Innenarchitekten GmbH, Hamburg. „Und die Leser von Wohnzeitschriften wiederum lassen sich auch von den Stoffen und Materialien in den Hotels inspirieren.“
Warum jetzt so viel Wachstum?
Warum gibt es jetzt so viel Wachstum in dem Bereich? Mitte der 1990er ging der Markt noch eher zurück, auch weil einige Menschen durch betrügerische Time-Sharing-Verträge im Mittelmeerraum abgeschreckt wurden. Doch inzwischen gibt es noch mehr Singles in den Ballungszentren und dadurch einen hohen Bedarf an Klein- und Kleinstwohnungen. Spitzenreiter bei Serviced Apartments ist derzeit Berlin, dann folgen Städte wie München, Frankfurt, Köln oder Hamburg, aber auch Wolfsburg.
Auf die Dauer sind den Unternehmen, die ihre Mitarbeiter projektbezogen in anderen Städten arbeiten lassen, selbst die vergünstigten, so genannten Long-Stay-Raten der Hotels zu teuer. Und so kommt es, dass die Auslastung von Serviced Apartments bei mindestens 80 Prozent liegt.
Es kommen neue Ketten nach Deutschland, die expandieren, wenn sie ein geeignetes Grundstück gefunden haben. Die Lage sei wichtig, so Böhm, möglichst in B-Lage im Stadtzentrum, aber vor allem wohnlich muss es sein. 30 Prozent Wachstum verzeichnet die Branche für Serviced Apartments seit 1996. Der Referent stellte einige Beispiele für diese Apartments vor, an denen JOI-Design beteiligt war.
Aktuelle Beispiele aus Deutschland
– Die Marke Capri by Frasers aus Singapur hat seit Mitte August 2015 in Frankfurt ein Haus mit Serviced Apartments mit Apartmentgrößen von 32 bis 47 Quadratmetern in direkter Nähe zur Messe in Betrieb, 2017 steht eine weitere Eröffnung in Berlin am Petri-Platz an. Und auch in Hamburg wird das Angebot für Langzeitaufenthalte durch die Marke Fraser Suites der Frasers Hospitality Group ab 2018 erweitert.
In den Apartments gibt es einen Schreibarbeitsplatz mit Lounge-Ecke wie in einer Juniorsuite, doch dazu kommen noch eine Kochecke, mehr Dekorationen wie Wandbilder, Stauraum und ein eigener Esstisch. „Atmosphäre zu schaffen, ist für mich der wichtigste Punkt im Bereich der langen Aufenthalte“, sagte Böhm. „Wir haben ein zweiköpfiges Team, das sich nur darum kümmert, Accessoires und Einrichtungsgegenstände zu finden, um diese Atmosphäre zu schaffen.“
– Der Anbieter Hapimag AG arbeitet seit einem halben Jahrhundert ähnlich wie beim Timesharing – das Schweizer Unternehmen hat 6.000 Apartments weltweit in Großstädten und Erholungsorten. Aktuell wurden Serviced Apartments in Hamburg mit allerlei maritimen Dekorationen wie einem „Moin Moin“-Spruch an der Wand oder Ankern aus Holz eingerichtet. „Also so, dass sich einem puristischen Hotelinnenarchitekten vermutlich die Fußnägel hoch biegen würden. Doch die Gäste fühlen sich super wohl, weil wir so vermitteln konnten, dies ist eine gewachsene Umgebung und kein Neubau“, erläuterte Böhm.
– Die Marke Frederics Serviced Apartments bewegt sich in München und Berlin im 4-Sterne-plus-Sektor, in Berlin eingerichtet unter anderem mit Ampelmännchen als Stehfiguren. Ein Raumteiler mit Regalen trennt Essen und Schlafen auch in kleinen Apartments.
Robert Baumann
Mehr zum Thema lesen Sie in der rhw management-Ausgabe 12/2015