rhw-management-hauswirtschaft-3-2024

Raus aus der Küche – ran an die Bewohner!

„Wir steigern Lebensqualität“, so fasste Marko Bosse, Küchenleiter im AWO-Seniorenhaus Schelfwerder in Schwerin, seine Erfahrungen während der eineinhalbjährigen Weiterbildung zum „Fachwirt für Seniorenverpflegung“ zusammen. Gemeinsam mit neun weiteren Teilnehmern präsentierte er Ende Februar 2015 in Hildesheim sein im Rahmen der Weiterbildung erstelltes Abschlussprojekt.

Die Teilnehmer der Weiterbildung zum Fachwirt für Seniorenverpflegung erweiterten ihr Wissen unter anderem auf den Gebieten der Betriebswirtschaftslehre, Seniorenernährung, Diätetik, Gerontologie und im Service. In ihrer abschließenden Projektarbeit wendeten sie ihr erweitertes Wissen für die aktive Verbesserung der Verpflegung der Senioren an.

Mit sehr viel Eifer entwickelte beispielsweise Küchenleiter Marko Bosse Eiskreationen für schluckgestörte Bewohner. Denn Standard-Speiseeis schmilzt zu schnell ab, als dass Bewohner mit Schluckstörungen dieses genießen könnten. Die entsprechenden alternativen Angebote der Lebensmittelindustrie sind preislich oft nicht nutzbar.
Also probierte der Küchenleiter, verschiedene eigene Eiskreationen mit unterschiedlichen Bindemitteln so herzustellen, dass das Abschmelzen verlangsamt wird.

In Zusammenarbeit mit einer Logopädin testete er die Kreationen und deren Akzeptanz bei den schluckgestörten Senioren. Aus frischem Obst und Basis-Textur als Bindemittel kreierte er inzwischen mehr als 30 verschiedene Eissorten. Von denen werden zwölf in seinem anschaulichen, kleinen Rezeptbuch detailliert vorgestellt.
Die Varianten reichen von unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen bis zu speziellen Kreationen mit hoher Energiedichte für mangelernährte Bewohner. Dadurch kommen mehr Bewohner in den Genuss von leckerem, kulinarisch hochwertigem Speiseeis, das an ihren jeweiligen Bedarf angepasst ist.

Ohne Vernetzung geht es nicht
Lehrgangsteilnehmerin Andrea Tully organisierte als HWL im Seniorenzentrum St. Martin in Eggolsheim einen regelmäßigen Kochnachmittag und vielfältige Kochaktionen in der Tagespflege. Mit Begeisterung erzählt sie von ihren Erlebnissen, zum Beispiel wie die Bewohner ihr traditionelle Rezepte weitergaben. Oder wie sich die anfangs passiven Seniorinnen durch die aktive Beteiligung der Senioren plötzlich doch genötigt fühlten, beim Gemüseputzen zu helfen.

Der HWL gelang es auch, die Kollegen der anderen Bereiche so einzubeziehen, dass der Funke des Engagements auch auf diese übersprang. So verarbeiteten eine Kollegin aus der sozialen Betreuung und der Hausmeister mit den Bewohnern die saisonale Apfelschwemme zu Apfelgelee. Anschließend wurde dieses mit besonderem Genuss von den Bewohnern gegessen. Die Senioren waren so zum einen mit ihrer Fachkompetenz beim Rezepteerarbeiten gefragt und zum anderen wurden sie beim Kochen aktiv.

Eine der wesentlichen Schlüsselbotschaften bei der Weiterbildung zum „Fachwirt für Seniorenverpflegung“ ist die unbedingte Vernetzung mit den anderen Bereichen. Die Planung und das Handeln dürfen nicht auf die Küche beschränkt bleiben, denn der Bewohner muss einbezogen werden. Dafür ist der direkte Kontakt wichtig, um die ungefilterten Bedürfnisse der Bewohner zu erfahren.

Genauso muss jeder Verpflegungsverantwortliche darauf achten, was nach dem Verlassen der Küche mit dem Essen geschieht. Erst beim Service entscheidet sich, wie viel von den zahlreichen Bemühungen um die Seniorenverpflegung beim Bewohner erlebbar ankommt.

Die freiberufliche Referentin Anke Engel überarbeitete das Verpflegungskonzept des Ernst-Christoffel-Haus in Nümbrecht für die Versorgung in Hausgemeinschaften, die es dort seit Kurzem gibt. Dabei überzeugt sie durch ihre fundierte Arbeit so, dass ihr die Stelle der HWL angeboten wurde. Somit hat sie nun die Gelegenheit, das bewohnerorientiert angelegte Verpflegungskonzept praktisch umzusetzen.

Dazu vermittelt sie die im QM System des Hauses integrierten Arbeitshilfen, wie den Kostformkatalog und das Lebensmittelhygienekonzept durch Mitarbeiterschulung und Praxisbegleitung. All dies gibt den Präsenzkräften in den Hausgemeinschaften eine neue Handlungssicherheit bei ihren vielfältigen Arbeitsaufgaben.

Sascha Kühnau

Mehr zum Thema lesen Sie in der rhw management-Ausgabe 5/2015

Fotos: Bosse

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