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Milchreis ohne Milch und vegetarischer Kaviar

Spätestens nach dem überraschenden Erfolg mit vegetarischer Wurst beim Fleischwaren-Unternehmen Rügenwalder ist es kein Wunder, dass manch ein Unternehmen nur allzu gern bei der derzeitigen vegetarisch/veganen Trendwelle dabei sein möchte. Doch was ist dabei zu beachten?

Laut aktuellen Studien sind vegetarisch-vegane Produkte weiter auf Erfolgskurs. Der Lebensmitteleinzelhandel erwirtschaftete 2015 einen Umsatz von 152,5 Millionen Euro mit vegetarischen Wurst- und Fleischalternativen. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies mehr als eine Verdopplung der Umsätze. Der klassische Lebensmitteleinzelhandel ist für fast zwei Drittel dieser Umsätze verantwortlich und verzeichnete ein Umsatzwachstum von rund 89 Prozent. Die Discounter konnten im Vergleich zu 2014 sogar eine Umsatzsteigerung von 213 Prozent verzeichnen. Die Nachfrage der Verbraucher ist so hoch wie nie. Das Internetportal www.verbraucherwelt.de stellte fest, dass der Veggie-Lifestyle auch mit kleinem Geldbeutel möglich, das Angebot gut ausgebaut ist.

www.verbraucherwelt.de untersuchte kürzlich das Angebot an Fleischalternativen im Lebensmitteleinzelhandel und verglich das Sortiment, das Preisniveau sowie die Verbraucheraufklärung in Supermärkten und Discountern. Ergebnis: Die großen Supermarktketten liegen hinsichtlich der Produktvielfalt mit durchschnittlich mehr als 20 verschiedenen Fleischalternativen ganz klar vorne. In puncto Preisniveau können jedoch die Discounter überzeugen. Zudem erweitern sie stetig ihr Angebot an Fleischalternativen.

Laut Internorga GV-Barometer 2016 gehen 70 Prozent der Entscheider in der Gemeinschaftsverpflegung davon aus, dass vegetarisches und veganes Essen weiter an Bedeutung gewinnen wird. Einer der Gründe dafür läge darin, dass diese Art der Ernährung auf immer mehr gesellschaftliche Akzeptanz treffe. „Immer öfter werden in Lokalen und der Betriebsgastronomie pflanzliche Gerichte nachgefragt. Die Branche reagiert auf die Nachfrage, beispielsweise durch das VEBU-Projekt ‚Vegucation‘. Es hilft dabei, schon in der Ausbildung ein umfassendes Wissen zur pflanzlichen Küche aufzubauen“, so Sebastian Joy, Geschäftsführer des Vegetarierbunds Deutschland (VEBU).

Urteil: Veganer Käse?

Doch über die Bezeichnungen veganer Produkte gibt es Streit. Ein Verein gegen unlauteren Wettbewerb beanstandete den Internetauftritt eines Unternehmens aus der Eifel, das vegetarische und vegane Produkte herstellt. Der Vorwurf: Das Unternehmen biete auf seiner Website Lebensmittel mit unzulässigen Produktbezeichnungen an, etwa „Käse“ oder „Cheese“, die keine tierische Milch enthalten. Das müsse der Hersteller künftig bleiben lassen, forderte der Verein per Eilverfahren. Das Landgericht Trier gab ihm Recht (7 HK O 58/16). Vegane Produkte, die nicht aus Milch (von der Kuh, von der Ziege etc.) hergestellt seien, dürften nicht als „Käse“ oder „Cheese“ vermarktet werden. Nach europäischem Recht (EU-VO 1308/2013) dürften nur tierische Milchprodukte diese Bezeichnungen führen. Ein Internetauftritt, der gegen diese Vorschrift verstoße, sei wettbewerbswidrig.

Der Hersteller weise zwar in der genaueren Produktbeschreibung darauf hin, dass es sich hier nicht um Lebensmittel tierischen Ursprungs handle – sonst wären die Produkte ja auch nicht vegan. Das ändere aber nichts an dem Wettbewerbsverstoß. Diese Produktbezeichnungen seien unzulässig, unabhängig davon, ob man sie als Irreführung der Verbraucher bewerte oder nicht. Auch die Wettbewerbszentrale – die an diesem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht beteiligt war – hat schon mehrmals aufgrund von Reklamationen Produktbezeichnungen wie „veganer Frischkäse“ und „Frischkäse auf Mandelbasis“ für vegane Brotaufstriche als wettbewerbswidrig beanstandet. (Urteil des Landgerichts Trier vom 24. März 2016 – 7 HK O 58/16, Artikelnummer: 54496).

Hersteller möchten die Begriffe beibehalten

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt schlägt eine klare Kennzeichnung vor. Für ihn seien Begriffe wie „vegane Currywurst oder „veganer Käse“ irreführend, teilte er Ende 2016 mit. Doch die Hersteller möchten die Begriffe beibehalten: „Bezeichnungen wie vegetarische Bratwurst oder veganes Schnitzel stellen zum einen klar, dass es sich nicht um Fleischerzeugnisse handelt“, heißt es in einer Erklärung, die einige Hersteller Anfang Dezember 2016 verabschiedet haben. Und: „Gleichzeitig geben die Bezeichnungen den Verbrauchern Informationen über wichtige Eigenschaften der Produkte wie Geschmack, Textur, Aussehen und Verwendung“.

Zehn Unternehmen und der VEBU haben die Aussendung verfasst, darunter Herta, Dennree und die Rügenwalder Mühle, deren Anteil vegetarischer Wurst schon über 20 Prozent des Umsatzes ausmacht. An einer Vereinheitlichung der Begriffe arbeitet derzeit die Lebensmittelbuch-Kommission, die aus Vertretern der Verbraucher, Unternehmen und Wissenschaftlern besteht.

Vegan: Hilfe mit Nährstoffpräparaten

Fakt ist: In Deutschland interessieren sich immer mehr Menschen für eine vegane Ernährung. Die Angaben, wie viele Menschen sich vegan ernähren, schwanken zwischen 0,1 und 1 Prozent der Bevölkerung.

Bei einer veganen Ernährung fehlen jedoch ohne die Zufuhr entsprechender Alternativen die in tierischen Lebensmitteln enthaltenen Nährstoffe. In ihrem aktuellen Positionspapier zur veganen Ernährung rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) daher Menschen, die sich vegan ernähren möchten, dauerhaft ein Vitamin-B12-Präparat einzunehmen, gezielt nährstoffdichte Lebensmittel und angereicherte Lebensmittel auszuwählen, die Versorgung mit Nährstoffen regelmäßig vom Arzt überprüfen zu lassen und gegebenenfalls zu Nährstoffpräparaten zu greifen sowie sich von einer qualifizierten Ernährungsfachkraft informieren und beraten zu lassen.

Der kritischste Nährstoff ist Vitamin B12. Potenziell kritische Nährstoffe bei veganer Ernährung sind außerdem Protein bzw. unentbehrliche Aminosäuren und langkettige n-3 Fettsäuren sowie Mineralstoffe (Calcium, Eisen, Jod, Zink, Selen) und weitere Vitamine wie Riboflavin und Vitamin D. Mit dem Verzicht auf jegliche tierische Lebensmittel erhöht sich daher das Risiko für Nährstoffdefizite und damit für Gesundheitsstörungen. Aus diesem Grund wird eine vegane Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie im gesamten Kindes- und Jugendalter von der DGE nicht empfohlen.

Red

Mehr zum Thema lesen Sie in der rhw management-Ausgabe 3/2017

Foto: Rügenwalder

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