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Ist der Fettabscheider richtig dimensioniert?

Dass eine Großküche einen Fettabscheider braucht, ist bekannt. Aber wenn es um die Größe der Anlage geht, liegt die Tücke im Detail. Und auch bei der Inbetriebnahme, Wartung und Kontrolle ist ein umfangreiches Regelwerk zu beachten. Das Europahaus Aurich, eine Bildungseinrichtung in Ostfriesland, hat in Sachen Fettabscheider überraschende Erfahrungen gemacht.

Kanalarbeiter in London trauten im August 2013 ihren Augen kaum: Ein Fettklumpen so groß wie ein Doppeldeckerbus verstopfte das Kanalsystem. In solcher Größe hatten die Arbeiter dies noch nicht gesehen. Bewohner des Stadtteils Kensington hatten sich zuvor beschwert, dass ihr Wasser aus den Toiletten nicht mehr abfloss. Sechs Wochen dauerte es, bis der fettige Koloss und die dadurch verursachten Schäden entfernt waren.

Dichte Fettschichten in Kanalrohren sind auch in deutschen Städten und Gemeinden an der Tagesordnung. Fetthaltiges Abwasser führt durch die mitgeführten Schlamm- und Feststoffe zu Ablagerungen und Rohrverstopfungen. Auch kann zersetztes Fett aggressive Säuren bilden, die die Kanalrohre zerstören und einen idealen Nährboden für Krankheitserreger bilden können.

Daher darf gewerbliches Abwasser, das Fette enthält, nicht unbehandelt in öffentliche Abwasserkanäle eingeleitet werden. In Großküchen und in vielen Bereichen der Gastronomie fallen große Mengen an Fett- und Ölrückständen an, daher muss das Abwasser bevor es der Kanalisation zufließen kann, in einer Fettabscheideranlage vorgereinigt werden.
Die Abscheidertechnik funktioniert rein physikalisch nach dem Schwerkraftprinzip. Wird fetthaltiges Abwasser eingeleitet, vermindert sich seine Fließgeschwindigkeit.
Rückstände wie Essensreste usw., die schwerer als Wasser sind, sinken zu Boden und sammeln sich im Schlammfang. Fettreste hingegen schwimmen auf und sammeln sich an der Wasseroberfläche. Zwischen Schlammfang und fetthaltiger Oberfläche sammelt sich das auf diese Weise getrennte und vorgereinigte Abwasser und kann in die Kanalisation eingeleitet werden.

Behörden sind aufmerksam geworden
Vorschriften für den Betrieb der Fettabscheider gibt es seit Jahren, aber in letzter Zeit sind die Behörden bei diesem Thema wachsamer geworden, denn schließlich führen Schäden durch Fettanhaftungen und Korrosion in den Kanälen zu hohen Kosten.

Das Europahaus Aurich, eine Deutsch-Niederländische Heimvolkshochschule, bekam im letzten Jahr Post von der zuständigen Behörde der Stadt Aurich. Grund waren Verunreinigungen und Verstopfungen im Abwasserkanal. „Wir mussten nachweisen, dass wir als Einrichtung diese Verstopfungen nicht verursacht haben“, erklärt Hauswirtschaftsleiterin Ursula Dirksen. Dazu wurde der Einrichtung ein umfangreiches Dokument zugeschickt mit Fragen zur Fettabscheideranlage, das es auszufüllen galt. „Der Fragebogen kann meines Erachtens von Personen, die nicht in spezieller Weise sachkundig sind, nicht adäquat bearbeitet werden“, so die HWL. Daher wandte sich das Europahaus an die ibis Umwelttechnik GmbH, die den Fettabscheider genau unter die Lupe nahm.

Es stellte sich heraus, dass die Anlage zwar gut gearbeitet hat und von der Bildungseinrichtung im aktuellen Fall auch keine Verunreinigungen ins Abwasser gelangt waren, aber insgesamt war der Fettabscheider zu klein dimensioniert.

Damit das Schwerkraftprinzip bei einem Fettabscheider funktioniert und sich die Öle und Fette absetzen können, ist die Auswahl und Bemessung der richtigen Nenngröße von entscheidender Bedeutung. Die Nenngröße lässt sich jedoch auf zwei verschiedene Arten bemessen (siehe auch das Interview unten). Im Europahaus Aurich wurde die Nenngröße nach der Anzahl der ausgegebenen Essen berechnet und war damit nicht ausreichend. Nach der zweiten Berechnungsmethode muss der Fettabscheider fünfmal größer sein.

Alexandra Höß

Mehr zum Thema lesen Sie in der rhw management-Ausgabe 7-8/2016

Foto: ibis Umwelttechnik GmbH

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