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Gesunde Ernährung – Mythen auf dem Prüfstand

Eines der wichtigsten Themen unserer Zeit ist die gesunde Ernährung. Doch rund um das Essen und Trinken kursieren eine Menge von Mythen, Modetrends und Halbwahrheiten. Die Literaturlage ist unübersichtlich und selbsternannte Experten tragen noch zur Verunsicherung bei. Auf der 14. Dreiländertagung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) im Oktober 2016 in Hamburg wurden kontrovers diskutierte Ernährungsthesen auf den Prüfstand gestellt. Was entspricht dem aktuellen Stand der Wissenschaft – und was nicht?

Milch – macht sie gesund oder krank?

Verbraucher sind zunehmend über den gesundheitlichen Wert von Milch verunsichert. „Hintergrund hierfür sind aber nicht neue wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern individuelle Einschätzungen einzelner Personen, die über die heutigen Kommunikationsmöglichkeiten eine weite Verbreitung finden“, sagt Prof. Dr. Bernhard Watzl vom Max Rubner-Institut in Karlsruhe. Laut Watzl ist Milch eine herausragende Proteinquelle und spielt bei der Versorgung mit B-Vitaminen, Kalzium, Jod und Zink eine wichtige Rolle.

Studien zeigen, dass der Verzehr von Milch in Zusammenhang steht mit einem leicht verringerten Risiko für Diabetes, Schlaganfall, Bluthochdruck sowie Darmkrebs. Die moderat schützenden Effekte der Milch treten laut Watzl im Rahmen der Verzehrsempfehlungen der DGE auf, die bei 200 bis 250 Gramm Milch und Milchprodukte sowie 50 bis 60 Gramm Käse pro Tag liegen.

Bei koronaren Krankheiten fanden sich keine Hinweise auf einen Zusammenhang, ebenso wenig bei anderen Krebsarten. Lediglich für Prostatakrebs wurde ein erhöhtes Erkrankungsrisiko bei einem sehr hohen Verzehr von mehr als 1,2 Litern Milch pro Tag beobachtet. Überraschend ist, dass laut Studien Milch und Milchprodukte nicht das Frakturrisiko, beispielsweise für Hüftfrakturen, senken. Allerdings gibt es hier eine Schwelle: Bei weniger als einer Portion pro Woche steigt das Hüftfrakturrisiko.

Weitgehend unklar ist noch die Bedeutung des Fettgehaltes der Milch. „Die komplexe Chemie des Milchfettes ist noch nicht ausreichend verstanden von der Wissenschaft“, so Watzl. So erhöhe sich durch den Verzehr von Butterfett beispielsweise das „schlechte“ LDL-Cholesterin, durch Sahne jedoch nicht. Das heißt, unterschiedliches Milchfett hat unterschiedliche gesundheitliche Wirkungen. Eins scheint jedoch klar: In Bezug auf den Fettgehalt sind Vollfettprodukte nicht mit einem erhöhten Risiko für verschiedene Erkrankungen verbunden.

Nahrungsfette – besser als ihr Ruf?

Der Einfluss der Fette auf ernährungsbedingte Krankheiten wird seit etlichen Jahren untersucht – mit teils kontroversen Ergebnissen. Ein Beispiel: lange galt das Hühnerei als gefährlich, weil es den Cholesterinspiegel erhöht. Dann fanden US-Forscher heraus, dass Eier zwar viel Cholesterin enthalten, sich dies jedoch nicht auf den menschlichen Cholesterinspiegel auswirkt. Wird Cholesterin mit der Nahrung zugeführt, drosselt der Körper anscheinend die eigene Produktion des berüchtigten Gallenfetts. „Dies ist jedoch kein Freifahrtschein, zehn Eier am Tag zu essen, die Empfehlung für einen moderaten Verzehr bleibt“, sagt Prof. Dr. Stefan Lorkowski vom Institut für Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften an der Universität Bonn.

Für Aufruhr sorgte, dass die Amerikaner laut Medienberichten vor kurzem die Obergrenze für die Fettzufuhr abgeschafft haben. „Jedoch steht im Anhang die Empfehlung, dass die Fettzufuhr 20 bis 35 Prozent betragen sollte, das wird häufig übersehen“, so Lorkowski. Ob die Gesamtfettzufuhr nun idealerweise 25, 30 oder 35 Prozent betragen sollte, das ist laut dem Wissenschaftler noch nicht ausreichend beantwortet. Allerdings hatte die mediterrane Ernährung mit einer relativ hohen Fettzufuhr in vielen Studien die besten Effekte bei koronaren Krankheiten sowie Krebs und zeigte eine lebensverlängernde Wirkung.

Klar scheint auch zu sein, dass eine Ernährung mit einer sehr niedrigen Fettzufuhr (unter 20 Prozent) keinen Nutzen hinsichtlich der Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen bringt. Ein Grund könnte sein, dass die starke Senkung der Fettzufuhr bei dieser Diät zu einer Erhöhung der Zuckerzufuhr geführt hat.

Eine verminderte Zufuhr von gesättigten Fettsäuren zugunsten einer höheren Zufuhr von einfach- und mehrfach ungesättigten Fettsäuren oder komplexen Kohlenhydraten aus Vollkornprodukten resultiert in einem niedrigeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Allerdings bringt es wiederum nichts, wenn gesättigte Fettsäuren durch einfache Kohlenhydrate wie Zucker ersetzt werden. Ebenfalls besteht Einigkeit darüber, dass eine hohe Zufuhr an industriellen Trans-Fettsäuren mit dem Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und der Gesamtsterblichkeit korreliert.

Und welches Fett sollte es denn nun sein? „Olivenöl ist natürlich immer gut, aber hier muss auf die Qualität geachtet werden. Auch Leinöl ist empfehlenswert, aber das ist oft geschmacklich ein Problem. Dann ist Rapsöl eine Alternative, die auch preislich akzeptabel ist“, erklärt Prof. Dr. Lorkowski.

Alexandra Höß

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