rhw-management-hauswirtschaft.9/2024

Essen und Emotionen

Manche Menschen halten mit gezügeltem Essen ihr Wunschgewicht, andere kommen ihrem Ziel, endlich schlank zu werden, trotz zahlloser Neustarts nicht wirklich näher. Meistens steckt ein emotionales Essverhalten dahinter, das keine Diät der Welt zu verändern vermag. Ein Gespräch mit Jutta Kamensky, Ernährungs- und Gesundheitswissenschaftlerin, Ulm.


Sie halten die klassische Ernährungsberatung für zu dürftig bzw. für zu einseitig. Weshalb?
Es wird noch immer so getan, als müsse ein Mensch nur einige Ernährungsregeln befolgen, dann würde er gesund und schlank leben können. Diese Botschaft wird mit immer neuen Formulierungen oder Präsentationen längst bekannter Regeln und mit viel Aufwand und Geld in die Welt gebracht. Nur wenige scheinen auf den Gedanken zu kommen, das Augenmerk auf die Psyche bzw. auf die Emotionen zu lenken. Würden Ernährungsberater und Diätassistenten mehr psychologisches Handwerkszeug einsetzen, gäbe es einen großen Teil der Übergewichts-Problematik gar nicht.

Das sind starke Worte. Welchen Weg schlagen Sie vor?
Das Gefühlsleben spielt beim Essverhalten eine ganz große Rolle. Und das wird noch immer viel zu wenig berücksichtigt. Ich beobachte das emotionale Essen täglich in der eigenen Beratungs- und Gesundheitscoaching-Praxis. Essen ist ein Verhalten, und Verhalten wird gelernt, ausgelöst und gesteuert von Bedürfnissen. Habe ich als Kind schon gelernt, dass ich mich nach einer Handvoll Gummibärchen nicht mehr so traurig und einsam fühle, dann werde ich dieses Verhalten wahrscheinlich wiederholen. Wurde ein Verhalten zigmal wiederholt mit positivem Effekt, dann wird es bald zu einem Automatismus.

Essen als immer verfügbarer Seelentröster?
Genau. Unbefriedigte Gefühle machen sich mit negativen Emotionen bemerkbar – man ist unzufrieden, innerlich unruhig, nervös, deprimiert … Um dann wieder in einen besseren emotionalen Zustand zu kommen, wird gegessen. Irgendwann macht man das schon seit Jahren so, und man muss überhaupt nicht darüber nachdenken, was zu tun ist, damit man sich besser fühlt. Das erspart auch ein Nachdenken, wieso man gerade so unzufrieden ist und wie man ohne Gummibärchen dieses Gefühl verändern könnte. Vielleicht erspart es einem auch, sich mit sich selbst oder mit anderen auseinanderzusetzen. Oder man kann damit vermeiden, sich möglicherweise in eine unangenehme Situation zu begeben, in der man befürchten muss, das Gesicht zu verlieren oder sich zu blamieren.

Mehr zum Thema lesen Sie in der rhw management-Ausgabe 9/2014.

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