Seit dem 1. März 2017 arbeitet Frau X als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb für ein Unternehmen. Zu Beginn betrug ihr – einzelvertraglich vereinbartes – Grundgehalt 3.500 Euro brutto. Denselben Job erledigten zwei männliche Kollegen, einer von ihnen war nur zwei Monate vor Frau X eingestellt worden.
Auch ihm hatte der Arbeitgeber zuerst ein Grundgehalt von 3.500 Euro brutto angeboten, zahlte ihm aber nach Verhandlungen ein höheres Gehalt. Der Kollege habe eine ausgeschiedene, besser bezahlte Vertriebsmitarbeiterin ersetzt, so begründete der Arbeitgeber nachträglich die ungleiche Bezahlung.
Nach etwa zwei Jahren beschloss die Mitarbeiterin, sich dagegen zu wehren. Frau X zog vor Gericht und verlangte die Differenz zwischen ihrem Gehalt und dem Gehalt des fast zeitgleich eingestellten Mannes: Schließlich erledige sie die gleiche Arbeit wie der männliche Kollege. Da sie aufgrund ihres Geschlechts schlechter bezahlt werde, schulde ihr der Arbeitgeber zusätzlich eine Entschädigung für Diskriminierung.
Frau X klagte sich durch alle Instanzen, erst vom Bundesarbeitsgericht bekam sie Recht (8 AZR 450/21). Der Arbeitgeber müsse der Mitarbeiterin die Gehaltsdifferenz seit dem 1.3.2017 zahlen und obendrein 2.000 Euro Entschädigung, entschieden die Bundesrichter. Wenn eine Frau für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundgehalt bekomme als ihr Kollege, begründe das den Verdacht, dass sie wegen ihres Geschlechts benachteiligt werde.
Dem Arbeitgeber sei es nicht gelungen, diesen Verdacht zu entkräften. Mit dem Argument, der männliche Kollege verdiene nur deshalb mehr, weil er bei den Einstellungsgesprächen ein höheres Entgelt ausgehandelt habe, könne das Unternehmen den Vorwurf der Diskriminierung jedenfalls nicht widerlegen. Gehaltsverhandlungen dürften die Entgeltgleichheit von Männern und Frauen nicht aushebeln. Auch dass der Kollege einer besser bezahlten Mitarbeiterin nachfolgte, rechtfertige es nicht, ihm mehr zu zahlen als Frau X.
(Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.02.2023 – 8 AZR 450/21, onlineurteile.de)