Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat am 24. Juni 2021 der Klage einer sogenannten 24-Stunden-Betreuungskraft aus Bulgarien stattgegeben, die zu Pflegezwecken mit einer 96-Jährigen zusammenlebte. Weil sie länger arbeitete als die vereinbarten 30 Stunden pro Woche und auch nachts immer in Bereitschaft war, wurde ihr für diese zusätzliche Arbeitszeit nun nachträglich der Mindestlohn zugesprochen.
Markus Küffel, Gesundheitswissenschaftler, examinierte Pflegefachkraft und Geschäftsführer der Pflege zu Hause Küffel GmbH schildert, wie er als Unternehmer mit dem Gerichtsurteil umgeht.
„Auch wenn dieses Pflegemodell oftmals umgangssprachlich als 24-Stunden-Pflege bezeichnet wird, muss allen Beteiligten bewusst sein, dass in Deutschland eine maximale Arbeitszeit gilt. Deshalb halten wir in unseren Verträgen eine Wochenarbeitszeit von 40 bis maximal 48 Stunden fest.
Insbesondere nach dem Gerichtsurteil ist jedoch auch verstärkte Aufklärungsarbeit in den Familien wichtig, damit diese die Arbeitszeiten einhalten und nicht überschreiten, solange es keine weitere politische Lösung diesbezüglich gibt. Vor Gericht hat im Zweifelsfall nämlich nicht die vertragliche Abmachung Bestand, sondern die gelebte Realität.
Oftmals stellt die Erwartungshaltung der betroffenen Familien, für vergleichsweise wenig Geld eine ‚Rund-um-die-Uhr-Betreuung‘ zu erhalten, das Problem dar. Ein derartig hohes Arbeitspensum und darauffolgende Anwesenheitsbereitschaft der osteuropäischen Betreuungskraft stehen selbstverständlich nicht im Einklang mit dem bestehenden Arbeitszeitgesetz. Als Vermittlungsagentur kommunizieren wir unseren Kunden gegenüber deshalb klar die Grenzen dieses Pflegemodells und erklären ausführlich, dass eine Anwesenheitsbereitschaft oder mehrere Nachteinsätze nicht realisierbar sind.
Im Bedarfsfall braucht es weitere Akteure wie Angehörige, Freunde, den ambulanten Pflegedienst oder Tagespflege, die ganzheitlich und in einem Setting, das allen genüge tut, an der Pflege und Betreuung beteiligt werden.“