Mit einem Festakt mit über 600 Teilnehmer/innen feierte das DHB-Netzwerk Haushalt sein 100-jähriges Bestehen im Berliner Estrel-Hotel. Der Berufsverband der Haushaltsführenden, wie er sich heute nennt, wurde 1915 als „Deutscher Verband der Hausfrauen“ gegründet. Im Jahr 2015, in einer Zeit, in der Haushaltswissen nicht mehr von einer Generation zur nächsten weitergegeben wird, sind die Ziele des Verbandes überraschend aktuell.
„Die schlimmsten Kritiker der Hausfrauen sind nicht die Männer, sondern Frauen untereinander“, sagte die Präsidentin des DHB-Netzwerks Haushalt, Angelika Grözinger, in ihrer Begrüßungsrede. Und gleich hatte sie dafür auch ein Beispiel parat: Im Vorfeld des 100. Jubiläums wurde sie von vielen Medienvertretern interviewt. Darunter auch von einer jungen Journalistin einer Tageszeitung. Sie stellte Angelika Grözinger folgende Frage: „Warum feiern Sie eigentlich die Unterstützung der Nur-Hausfrau, das ist doch eine aussterbende Gattung?“
Angelika Grözinger war zunächst sprachlos und das kommt bei der Präsidentin nicht oft vor. Doch dann konterte sie: „Wir vertreten nicht die Mutti auf der Couch, sondern die Haushaltsführung als anerkannten Beruf, stehen also für die Anerkennung des Berufs Hausfrau.“ Als Verdienst ihres Verbandes sieht Grözinger, dass die „unsäglichen drei K’s, also Kinder, Küche, Kirche, ersetzt wurden durch Konfliktfähigkeit, Kreativität und Kompetenz“.
Von Anfang an ging es um Weiterbildung für Frauen
Und tatsächlich kann der DHB auf eine bemerkenswerte Geschichte zurückblicken. Offiziell gegründet wurde der Hausfrauenbund 1915, also mitten im Ersten Weltkrieg, von Dr. Hedwig Heyl als „Deutscher Verband der Hausfrauen“.
Doch schon vorher, im 19. Jahrhundert, hatten sich zahlreiche Frauenvereine gegründet. Allerdings war es Frauen zu dieser Zeit noch verboten, sich politisch zu betätigen, also konzentrierten sie sich in ihren Zusammenschlüssen auf soziale Arbeit wie zum Beispiel Volksküchen zur Linderung der Not. Doch schon jetzt widmeten sich die Vereine auch der Weiterbildung von Frauen und Mädchen.
Erklärtes Ziel des neu gegründeten Verbandes der Hausfrauen war dann die Anerkennung der Hausarbeit als qualifizierte Berufsarbeit. Bereits 1924 gab es den ersten Lehrvertrag für die Ausbildung zur geprüften Hausgehilfin und im folgenden Jahr die erste Prüfungsordnung für Hauswirtschaftsmeisterinnen.
Ebenfalls 1925 wurde die Praktisch-Wissenschaftliche Versuchsstelle für Hauswirtschaft in Leipzig gegründet, die übernahm die Aufgabe des Verbraucherschutzes, hier wurden beispielsweise Weckgläser geprüft.
1927 wurde dann die erste Beratungsstelle mit dem lustigen Namen „Heibaudi“ (Hauswirtschaftlichen Einkaufs-, Beratungs- und Auskunftsdienst) in Berlin eingerichtet. Zu den Gründerinnen gehörte unter anderem Hildegard Margis, Herausgeberin der Zeitschrift „Hauswirtschaft und Wirtschaft“, die Verbraucherinformationen an Privathaushalte und Zeitungen weitergab (daraus entstand dann später die rhw management).
In der Beratungsstelle wurden die modernsten Haushaltsgeräte ausgestellt. Firmen holten sich Informationen über Geräte ein, Privatkunden ließen sich über Gehaltsfragen oder Familienrecht beraten, auch gab es eine Kochschule.
Innerhalb der Frauenbewegung der 1920er-Jahre war die Rationalisierung des Haushalts dringlich geworden, weil der Krieg viele Witwen hinterlassen hatte und Frauen zu Familienernährerinnen geworden waren, die zugleich den Haushalt zu versorgen hatten.
Das Klischee vom „Heimchen am Herd“ traf auf die Mitglieder des Hausfrauenbundes nicht zu. Denn es waren vor allem in den ersten Jahrzehnten nach der Verbandsgründung die emanzipierten, gesellschaftlich aufgeschlossenen Frauen, die sich in den Hausfrauenverbänden engagierten. Den Haushalts-Beruf zu professionalisieren und ihm mehr Anerkennung zu schaffen, war immer ein Kernziel. So basieren moderne Bachelor-Studiengänge wie Hauswirtschaft, Ernährungswissenschaft oder Ökotrophologie „auf dem Vorbild der Hausfrau“, schreibt Sieglinde Porsch, langjährige DHB-Vorsitzende in ihrer Dissertation über die Geschichte des DHB, die sie 2012 im Alter von 80 (!) Jahren an der Universität Gießen einreichte.
Alexandra Höß
Weitere Informationen: www.dhb-netzwerk-haushalt.de
Mehr zum Thema lesen Sie in der rhw management-Ausgabe 7-8/2015